Kann künstliche Intelligenz die Ballung von Bussen verhindern?

Abigail Levner

Abigail Levner

Juli 30, 2018

Die Ballung von Bussen ist eine der häufigsten – und gleichzeitig eine der kompliziertesten – Herausforderungen für Verkehrsbetriebe. Stellen Sie sich Folgendes vor: Sie stehen bereits seit mehr als 15 Minuten an einer Bushaltestelle und Ihr Bus hat bereits mehr als 10 Minuten Verspätung. Endlich sehen Sie Ihren Bus in der Ferne heranfahren. Als er näherkommt, sehen Sie, dass hinter ihm gleich ein zweiter Bus der gleichen Linie folgt! Es kann sehr frustrierend sein, wenn man lange auf seinen Bus gewartet hat und dann gleich zwei oder mehr Busse gleichzeitig ankommen.

Die Erklärung für dieses Phänomen ist einfach. Nehmen wir an, der Fahrplan einer bestimmten Buslinie sieht für die Stoßzeit einen sorgfältig geplanten Takt (Zeit zwischen zwei Abfahrten) von zehn Minuten vor. In unserem Fall sagt die Statistik 10-15 Fahrgäste voraus, die bei jeder Ankunft eines Busses an der Haltestelle warten. Es gibt allerdings eine Vielzahl an Ereignissen, die dieses mühsam erarbeitete System durcheinanderbringen können.

Verpasst ein Bus ein Signal oder stößt auf unerwartet dichten Verkehr, kann dies bereits zu ein bis zwei Minuten Verspätung an der Haltestelle führen. Stehen nun fünf Fahrgäste mehr als erwartet an der Haltestelle, fährt der Bus vielleicht erst mit 30 Sekunden Verspätung ab. Das hört sich noch nicht nach einer großen Verzögerung an. Wenn aber ein Bus die Haltestelle ein paar Minuten zu spät verlässt, der nächste dann aber pünktlich eintrifft, wird er an der Haltestelle weniger Fahrgäste als geplant vorfinden und deshalb frühzeitig abfahren. Da der erste Bus an der nächsten Haltestelle mit Verspätung eintrifft, werden dort mehr Fahrgäste als geplant warten, so dass sich die Einstiegszeit verlängert. Für den folgenden Bus gilt nun, dass dort noch weniger (oder gar keine) Fahrgäste auf ihn warten. Letztendlich schließt sich der Takt zwischen den beiden Fahrzeugen und die verärgerten Fahrgäste an der Haltestelle sehen eine ganze Kette von Bussen auf sich zukommen.

Auch wenn das Problem relativ klar erscheint, gibt es keine offensichtliche Lösung. Verspätet sich ein Bus, könnte er Haltestellen auslassen, an denen kein Fahrgast aussteigen möchte, jedoch müssten die an den Haltestellen wartenden Fahrgäste länger auf den nächsten Bus warten. Trifft ein Bus zu früh ein, könnte er bis zur geplanten Abfahrtzeit an der Haltestelle warten, jedoch würden die Fahrgäste im Bus ungeduldig werden und der Komfort eines funktionierenden Nahverkehrs an Attraktivität einbüßen. Einige Verkehrsbetriebe setzen Systeme ein, die den Fahrern Echtzeit-Daten übermitteln, wenn sie schneller oder langsamer als der Fahrplan sind, damit sie ihre Fahrgeschwindigkeit entsprechend anpassen können. In einigen Bus-Schnellverkehrssystemen kommen Kombinationen aus Busspuren und einheitlichen Haltezeiten zum Einsatz, um den Fahrplan so zuverlässig wie möglich zu halten. Es gibt jedoch kein völlig sicheres System, dass die Ballung von Bussen konsequent vermeiden kann.

Der beste Lösungsansatz ist der aktive. Wenn all die kleinen Verspätungsursachen, wie Stau, oder erhöhtes Fahrgastaufkommen an einer Haltestelle, bereits in der Planungsphase berücksichtigt werden, ist auch eine höhere Pünktlichkeitsrate wahrscheinlich. Wenn also nur ein bisschen mehr Planungsarbeit nötig ist, weshalb leiden die Städte dann immer noch unter Aufstauungen?

Einfach gesagt gibt es nicht genug Daten, um effektiv planen zu können.

Die meisten Verkehrsbetriebe berechnen ihre Fahrtzeiten und ihre Fahrpläne mithilfe grober Instrumente wie Beobachtungen und Berechnungen von Durchschnittszeiten. Können Sie glauben, dass noch heute Leute an den Straßenecken stehen und Fahrzeuge zählen, um den Verkehr zu berechnen? Die Daten dieser einmaligen Erhebungen lassen nur grobe Schätzungen zu und sind weit davon entfernt, präzise zu sein. Und Genauigkeit ist – wie bereits erwähnt – der Schlüssel zur Vermeidung von aufgestauten Bussen. Andere Methoden verwenden Leitsystemdaten und schätzen Zeitpunkte.

Was kann man also tun? Die Antwort steckt in den Daten und im Einsatz von Vorhersagen aus maschinellen Lernverfahren.

Mit dem Einsatz von künstlicher Intelligenz lässt sich ermitteln, welche Faktoren die Pünktlichkeit auf welche Weise beeinflussen – Verkehr, Fahrgäste, Bus Größe und Bus Typ, Fahrer und viele mehr. Mit diesem Instrument lassen sich Umlaufpläne und Fahrpläne kombinieren und Vorhersagen über die Pünktlichkeit einzelner Fahrten ableiten. Künstliche Intelligenz kann nicht nur vorhersagen, welche Fahrt wahrscheinlich pünktlich sein wird, sondern sie kann die Einsatzplanung so anpassen, dass die Pünktlichkeitsrate steigt. Diese Anpassungen finden nicht einfach blind und ohne Rücksicht auf Kosten statt, sondern sie berücksichtigen Kostendaten, damit das System geeignete Kompromisslösungen vorschlagen kann (Pünktlichkeitsraten sind immer ein Ergebnis aus Kompromissen). Auf gleiche Art werden Disponenten unterstützt, die manuelle Planänderungen vornehmen und Änderungsempfehlungen vom System erhalten. Das ist der Kern des OnTime-Tools von Optibus – die Modernisierung veralteter Methoden der Verwaltung von Fahrplänen und Pünktlichkeitsraten. Anstelle fehlerhafter Fahrplänen, die zu Einsatzplänen mit unmöglichen Pünktlichkeitsanforderungen führen, leisten Optimierung und die Anwendung von maschinellem Lernen auf historische Daten bessere Ergebnisse.

Gehören Busketten damit der Vergangenheit an? Wahrscheinlich nicht, denn niemand hat Zauberkräfte, um alle Verspätungen eliminieren zu können. Aber sie können reduziert und besser kontrolliert werden.